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Schulden weiter auf dem Vormarsch: Hohe Energie- und Lebensmittelpreise zeigen Folgen

Quelle: Caritas-Zentrum Freising
27.05.2022

Freising

Zur bundesweiten Aktionswoche der Schuldnerberatung vom 30. Mai bis 3. Juni 2022, warnt auch die Caritas-Schuldnerberatung in Freising vor Armut und Überschuldung angesichts der rasant ansteigenden Energie- und Lebensmittelpreise.

Zur bundesweiten Aktionswoche der Schuldnerberatung vom 30. Mai bis 3. Juni 2022, warnt auch die Caritas-Schuldnerberatung in Freising vor Armut und Überschuldung angesichts der rasant ansteigenden Energie- und Lebensmittelpreise.

„Jeder Mensch sollte das Recht haben, sich bei Überschuldung kostenfrei beraten zu lassen. Von der Verschuldung in die Überschuldung ist es manchmal nur ein kleiner Schritt und in Zeiten großer Unsicherheit in der Wirtschaft ist dieser schnell getan“, mahnt Schuldnerberaterin Margit Wander.

„Eine Krankheit, eine Periode der Kurzarbeit, eine heftige Nachzahlung beim Stromversorger: Vieles kann die eigene Finanzlage aus dem Gleichgewicht bringen. Das haben wir in der akuten Phase der Pandemie erlebt, das erleben wir jetzt vor dem Hintergrund steigender Preise angesichts des Ukrainekriegs. Und plötzlich ist man nicht mehr bloß verschuldet, sondern überschuldet, und damit gefangen in einem Teufelskreis aus finanziellen Forderungen, Stigmatisierung und Scham.“

Verschuldung bedeute lediglich, dass jemand Schulden hat und in der Lage ist, diese wieder auszugleichen. Problematisch sei die Überschuldung, bei der es ein Mensch nicht mehr schaffe, aus seinem laufenden Einkommen alle bestehenden Verbindlichkeiten zu erfüllen.

Schnelle Hilfen sind notwendig!

„Wer sich Hilfe holt, hat bessere Chancen, aus der Überschuldung zu kommen. Dafür sind die Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen da. Sie zeigen Wege auf, wie die eigene finanzielle Situation stabilisiert und nachhaltig verbessert werden kann,“ so Wander. „Im vergangenen Jahr haben wir über 400 Frauen und Männer beraten und einen Anstieg um 20 Prozent zum Vorjahr zu verzeichnen. Wir konnten damit in vielen Fällen katastrophale Auswirkungen verhindern.“ Die Erstellung einer P-Konto-Bescheinigung ist oft der erste schnelle Schritt zu einer Entspannung der plötzlichen Notlage.

Beispielhaft sei das Schicksal einer 57-jährigen Pflegekraft aus der Caritas-Schuldnerberatung. Aufgrund einer schweren Erkrankung konnte die Frau nicht mehr arbeiten, musste ein Insolvenzverfahren durchlaufen und lebt jetzt von Grundrente. „Unsere Klientin kann sich keine Heizkosten mehr leisten. Sie zieht sich lieber mehrere Schichten an und auch die hohe Miete ist jeden Monat eine Herausforderung“, berichtet Wander. Die Frau, die in einer ständigen Existenzangst lebe, werde diesen Monat wohl zum ersten Mal das Angebot einer Lebensmitteltafel in Anspruch nehmen.

Aber auch im Bereich der Schuldenprävention leistet die Caritas-Schuldnerberatung eine wichtige Arbeit:
In Freising gab es im Mai im Vorfeld der Aktionswoche vielfältige Veranstaltungen mit Jugendlichen und Erwachsenen, um auf das Problem der Überschuldung und dem Umgang mit Schulden hinzuweisen. Im Caritas-Zentrum Freising wurden mit Ehrenamtlichen, Interessierten und Multiplikatoren an einem Abend unter dem Thema „Plötzlich überschuldet – was nun?“ die Aspekte der Ver- und Überschuldung behandelt.

Oft sehen sich Ehrenamtliche oder Hauptamtliche aus verschiedensten Aufgabengebieten mit den Schulden der Klienten konfrontiert. Verschuldung ist in unserer Gesellschaft akzeptiert, bzw. sogar gewünscht. Finanzierte Autos, Telefonvertrag mit gleichzeitiger Abzahlung des Smartphones oder weitere auf längere Zeit angelegte Verbindlichkeiten wie beim Kredit für Elektrogeräte oder Wohnungseinrichtungen werden dem Verbraucher vielfach angeboten und sehr leicht gemacht. Treten dann jedoch Veränderungen auf, die den Geldbeutel der Betroffenen belasten, so kann schnell aus der akzeptierten Verschuldung eine unübersichtliche Überschuldung werden.


Diese Erfahrung durften auch Jugendliche im Rahmen einer Präventionsveranstaltung machen. Jede unbezahlte Rechnung bedeutet einen höheren zu zahlenden Betrag, der durch Kosten und Zinsen entsteht. „Nicht den Kopf in den Sand stecken, auf Briefe reagieren und bitte, bitte über Geld reden“ mahnt Wander die jungen Leute. Die Realität sieht jedoch anders aus. Herrscht immer noch der Grundsatz über Geld redet man nicht? Die Jugendlichen vermittelten den Eindruck, dass dies leider immer noch so ist und in Familien kein offenes Gespräch über Geld, Verdienst der Eltern und notwendige Ausgaben stattfindet.

„Sehr schade“, findet Margit Wander, „denn wo sollen sonst die Jugendlichen Erfahrung im Umgang mit Geld bekommen“. Um die finanzielle Allgemeinbildung zu stärken bietet die Schuldnerberatung Veranstaltung für Schulen an.

Schuldnerberatung ist chronisch unterfinanziert

Die Arbeitsgemeinschaft der Schuldnerberatungsstellen der Verbände (AG SBV) veranstaltet die Aktionswoche der Schuldnerberatung. Die AG SBV vertritt etwa 1.400 gemeinnützige Schuldnerberatungsstellen in Deutschland, in Trägerschaft der Verbraucher- und Wohlfahrtsverbände oder der Kommunen.

Im Rahmen der bundesweiten Aktionswoche der Schuldnerberatung fordert die AG SBV einen gesetzlichen Rechtsanspruch auf Schuldnerberatung. Dieser ist notwendig, um allen in finanzielle Not geratenen Menschen eine professionelle, niedrigschwellige und flächendeckende Beratung bieten zu können. Im Gegensatz zu gewerblichen Anbietern ist die gemeinnützige soziale Schuldnerberatung für die überschuldeten Menschen kostenfrei. Es ist dringend notwendig, dass die Schuldnerberatungsstellen mit ausreichend finanziellen Mitteln ausgestattet sind, um dem steigenden Bedarf gerecht werden zu können.

Damit aus dem ... und plötzlich überschuldet ein guter Weg gefunden werden kann braucht es Akzeptanz und Offenheit für Überschuldete in der Gesellschaft, Mittel für die Finanzierung und gut ausgebildete Fachkräfte.

Mehr Informationen zur Aktionswoche der AG SBV und zu den Forderungen der Verbände gibt es hier: www.aktionswoche-schuldnerberatung.de

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